Interview mit Andreas Frießnegg
Andreas Frießnegg ist ein medienaffiner PR-Profi mit tiefem Verständnis für den österreichischen Markt und einer Liebe für Mode, Beauty und Lifestyle. Im Frühjahr 2022 gründete er mit good AF eine PR- und Influencer:innen Agentur, die fundiertes Know-How und jahrelange Erfahrung für Kund:innen anbietet, die auf der Suche nach neuen Wegen sind, um ihre Marken und Produkte optimal zu präsentieren.
Mit maven hat er über seine Sichtweise zu den Themen Influencer:innen Marketing und PR gesprochen.
maven: „Hallo Andreas! Schön, dass du dir heute Zeit für diese Interview genommen hast. Beginnen wir vielleicht gleich mit der grundlegendsten Frage. Marketing, in diesem Fall Influencer:innen Marketing und PR werden ja oft in einem Atemzug genannt. Wie würdest du den Unterschied dieser zwei Disziplinen in ihren Herangehensweisen beschreiben?”
Andreas: „Ich glaube die Bereiche unterscheiden sich gar nicht mehr so sehr. In der Theorie sind sich Influencer:innen Marketing und PR sehr ähnlich, da zuerst mal die Ziele abgesteckt werden müssen. In Folge dessen muss man sich Gedanken über die Umsetzung machen. Hier muss ich mir, aus dem Blickwinkel einer PR-Agentur, auch gleich überlegen ob die Ziele und Vorstellungen der Kund:innen umsetzbar sind oder nicht. Ist das nicht der Fall gibt es nämlich nichts, das mühsamer ist, als diese Ziele dann doch zu verfolgen, sie im Daily Business aber gar nicht umsetzen zu können. Ich glaube das ist auch im Influencer:innen Marketing sehr ähnlich. Wo sich die Disziplinen dann aber doch unterscheiden ist dann die tatsächliche Ausführung, also der Praxisteil. Weil da dann doch grundverschiedene Mechanismen zum Greifen kommen, die man verstehen und steuern können muss, auch wenn sie schlussendlich wieder zum selben Ergebnis führen – nämlich so viel Aufmerksamkeit wie möglich für die Marke oder den/die Kund:in zu generieren.“
maven: “Entsteht durch diese Parallelen deiner Meinung nach eine grundsätzliche Annäherung dieser Felder?”
Andreas: „Ganz bestimmt. Früher war es beispielsweise von Kund:innenseite her völlig ausgeschlossen, dass Pressevertreter:innen und Influencer:innen zu denselben Events eingeladen hat. Das wurde dann fast schon in Richtung „das kann man ja der Presse nicht antun“ kommuniziert. Anders herum war das interessanterweise nie ein Thema. Das zeigt auch wieder die Tatsache auf, dass das Influencer:innentum früher und auch heute immer noch nicht ernst genug gesehen wird. Ich glaube aber, dass die Annäherung mittlerweile passiert. Hier ist Österreich aber bestimmt nicht vorne mit dabei, also da sind andere Länder wie Großbritannien, Frankreich und natürlich die USA schon viel weiter. Dort wird das Influencer:innentum schon viel mehr als unabdingbare Notwendigkeit in der PR-Arbeit angesehen und als genau das auch akzeptiert, was auch dazu führt, dass es dort auch als „richtiger“ Job anerkannt wird. In diesem Prozess stecken wir im DACH-Raum glaube ich erst. Es wird aber schon viel viel besser. Inzwischen ist es auch bei uns völlig okay, dass man gemeinsame Events für die Presse und Influencer:innen veranstaltet – beziehungsweise kann es Kund:innen definitiv vorgeschlagen werden. Meine Kund:innen haben die Entscheidung, ob man die Bereiche teilen möchte oder nicht, meiner Erfahrung nach meist mir überlassen. Natürlich gibt es Momente wo eine Trennung mehr Sinn macht als in anderen, aber der Grund dafür liegt meistens eher in den verschiedenen Anforderungen der Berufsgruppen und nicht bei den Personen selbst. Also: Ja, die Annäherung gibt es definitiv. Mittlerweile gibt es fast keine Brands mehr, die nur das eine oder das andere machen. Früher war das ganz normal. Also in meiner Agentur-Zeit habe ich für Kund:innen teilweise nur die PR übernommen, andre Brands haben einen progressiveren Ansatz verfolgt und wollten ganz vorne mit dabei sein und haben deswegen nur auf Influencer:innen Marketing gesetzt. Aber inzwischen merkt man auf jeden Fall, dass das Eine ohne dem Anderen fast nie bis nie eingekauft wird.
maven: “Würdest du diese Vermischung dann als Influencer:innen PR bezeichnen? Also wie stehst du zu diesem Begriff?”
Andreas: „Jein. Also ich finde diesen Begriff prinzipiell etwas irreführend. Weil man spricht ja in anderen Fällen auch nicht über Print-PR oder Online-PR, sondern einfach von PR. Für mich gehört der Begriff des Influencer:innen Marketings in den Schirm der PR mit hinein und die PR dröselt sich dann in verschiedene Teildisziplinen auf, zu denen dadurch dann auch das Influencer:innen Marketing dazu gehört. Weil wie der Name schon sagt hat der Begriff Public Relations per se nichts damit zu tun ob es sich um ein Print- oder Online-Medium oder eben um einen Social-Media-Auftritt handelt.“
maven: “Den sweet spot in diesem fluide Übergang, der dann aber doch seine Grenzen hat, zu finden ist bestimmt nicht einfach. Was sind deiner Erfahrung nach die größten Herausforderungen in den beiden Bereichen?”
Andreas: „Also in ihrer Zielsetzung sind sich die Disziplinen wie wir ja jetzt schon gesagt haben ähnlicher als man glaubt. Sowohl das Influencer:innen Marketing als auch die PR haben das Ziel die größtmögliche Aufmerksamkeit für das Produkt oder die Marke zu generieren, nur eben mit unterschiedlichen Maßnahmen. Die Herausforderungen, die beide hier gemeinsam haben ist die Unabdingbarkeit von guten Kontakten, weil zumindest in Österreich ist die sogenannte „Freunderlwirtschaft“ nach wie vor sehr präsent. Das heißt man muss einfach die richtigen Menschen kennen, um ans Ziel zu gelangen. Ich glaube außerdem auch, dass man gerade bei Influencer:innen Marketing genau verstehen muss, was das eigentlich wirklich ist. Auch vom Standpunkt der Influencer:innen aus. Da spielt auch die Social-Media-Affinität eine sehr große Rolle. Das Prinzip der PR mit dem Ziel, in ein (Online)Magazin hinein zu kommen, hingegen wird da von Außenstehenden schon leichter verstanden. Da ist es also klar: es braucht Bilder und es braucht Text. Das ist vom Verständnis her schon viel mehr angekommen. Beim Influencer:innen Marketing dreht sich aber immer alles noch um den Menschen, auch wenn der in dem Kontext oft etwas diffamierend als „lebende Werbefläche“ bezeichnet wird. Der Fokus liegt aber dennoch klar auf dem Wort „lebend“. Sprich: es sind auch immer noch Menschen mit eigenen Bedürfnissen, mit eigener Meinung und natürlich mit eigener Art und Weise, wie sie kommunizieren. Daraus entsteht also auch die Herausforderung im Influencer:innen Marketing, dass man es eben nicht so leicht pauschalisieren kann. Jedes Gifting, jede Kooperation, jeder Aussand und auch jedes Event muss auf die Personen zugeschnitten sein, mit denen man diese Maßnahmen umsetzen möchte. Denn es sind eben immer noch Personen und keine leblosen Werbemaßnahmen.“
maven: “Was wünscht du dir für die Zukunft des Influencer:innen Marketings und der PR und was prognostizierst du?”
Andreas: „Ich würde mir wünschen, dass der Print-Bereich etwas mehr aufwacht und erkennt, dass es zwei vor zwölf ist. Hier müssen einfach die alten Strukturen losgelassen werden, um weiter als Produkt überleben zu können. Ich finde Print nämlich, als Privatperson und beruflich, sehr wichtig und sehr wertvoll und finde auch die Printbranche sehr schön. Denn in dem Bereich können Stories ganz anders vermittelt werden also beispielsweise in einem Onlinemedium. Ich finde Print ist absolut notwendig und sollte unbedingt am Leben gehalten werden, das geht aber glaube ich nur, wenn die Print-Magazine verstehen, dass sie sich ändern und anpassen müssen. Sie müssen einfach mit der Zeit gehen, denn sonst werden sie aussterben, weil sie einfach viel komplexer sind als alles, was online passiert. Eine Entwicklung die ich in der Zukunft definitiv auch sehe, ist, dass es immer mehr Online-Magazine geben wird. In vielen Ländern ist das nämlich schon der Fall und auch hier hinkt der DACH-Raum mit klassischen Online-Magazinen noch etwas hinterher. Also hier würde ich neue Player am Markt definitiv sehr begrüßen. Denn noch herrscht hier eher die Dynamik vor, dass Print in den meisten Fällen das Mutterschiff ist und alles andere wird eher stiefmütterlich behandelt. Die Miss macht das aber beispielsweise schon sehr gut. Dort wurde einfach verstanden, dass die Social Media- und Online-Welt nicht das fünfte Rad am Wagen, sondern auch gleichberechtigte Medien sind. Wenn ich jetzt noch eine Prognose abgeben müsste, würde ich außerdem behaupten, dass auch das Influencer:innentum weiter wachsen und gedeihen wird und hoffentlich auch endlich zu einer „richtigen“ und gesellschaftlich akzeptierten Berufssparte wird. Ich glaube aber auch, dass der Werdegang hin zur Influencer:in immer schwieriger wird.
Wozu ich mich jetzt keine Prognose abzugeben traue, wo ich aber selber sehr gespannt die Entwicklungen beobachte, ist die Zukunft von Instagram. Dort hört man auch immer öfter Gerüchte in Richtung einer Bezahlschranke. Meine Befürchtung ist nämlich, dass sich das Tool dann damit selbst kannibalisiert. Denn es liegen bestimmt schon neue Apps irgendwo in einer Schublade und warten nur genau darauf, dass Instagram an Popularität verliert. Ich bin mir also in dieser Hinsicht nicht sicher, wo das Influencer:innentum in den nächsten zehn Jahren stattfinden wird. Ich bin mir aber sicher, dass es stattfinden wird.”
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